Winter, Weihnacht, wilde Nächte … digital nach Hause!

Die Raunächte, also die Zeit zwischen den Jahren, sind magisch! Erkunden wir gemeinsam mit dem Waiblinger Autor und Stadthistoriker Wolfgang Wiedenhöfer die Geheimnisse der Raunächte und ihres Brauchtums.

Ich freue mich auf eine Stunde voller Geschichten und Poesie.
Und möchte Euch alle herzlich dazu einladen!

Corona-bedingt dieses Jahr leider nicht in der schönen Waiblinger Altstadt, sondern digital daheim in der Wärme: https://www.gotomeet.me/SwantjeSperling

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Die Waiblinger Raunächteführung in Buchform: „Winter, Weihnacht, wilde Nächte“ erhältlich beim Verlag Iris Förster

Zwölf wilde Nächte Vol. 11

Ende und Anfang

In der Nacht des 5. Januar, dem zwölften Tag nach dem 24. Dezember, enden die Raunächte. Lange Zeit galt diese Nacht als das eigentliche Ende des alten Jahres. Vorbei sind die gefährlichen Zwölften, der Wilden Jagd geht die Luft aus, das Muetesheer bäumt sich ein letztes Mal auf bevor es davonzieht und, so Gott will, erst in den nächsten Raunächten zurückkehrt. Langsam und zaghaft, aber doch unaufhaltsam formiert sich die Natur zum Aufbruch ins Frühjahr.

In dieser Nacht traten häufig besonders gefährliche Geister auf. So wird berichtet, dass an der Straße nach Weilheim in dieser Nacht des öfteren ein Kampf von bösen Geistern sich zutrug. Mit Lichtern haben die Geister aufeinander eingeschlagen. „Du bist schuldig, du hast verlangt!“ hat der eine gerufen. Der andere sang „Ich weiß, dass mein Erlöser lebt.“ Wer in dieser Nacht auf dieser Straße ging und ein Licht bei sich trug, dem wurde das Licht ausgelöscht. Erst wenn man die gefährliche Stelle weit hinter sich gelassen hatte ging das Licht von ganz alleine wieder an.

Im Oberland, das früher auch ‚Schwäbisch Österreich‘ genannt wurde, verbreiten an diesem Abend die ‚Perchten‘, grausig verkleidete und maskierte junge unverheiratete Männer, Angst und Schrecken. Lärmend zogen sie durch die Gegend um die Natur aufzuwecken, damit sich die Saat rechtzeitig auf das Frühjahr vorbereiten konnte. Wem sie ins Haus kamen, der musste die übellaunigen Gestalten mit reichlich Schnaps gnädig stimmen. Den Perchtenläufen setzte das Christentum bereits im Mittelalter die Dreikönigsaufzüge entgegen, in neuerer Zeit kam das Dreikönigssingen hinzu.

Eine in dieser Nacht geräucherte Kopfbedeckung hilft gegen Kopfweh.

Der alte Brauch des ‚Stärk’ antrinken‘ findet zu Beginn des neuen Jahres, oft am Vorabend des 6. Januar statt. Niemand weiß, was das neue Jahr bringen mag, deshalb gilt es, sich gegen alle möglichen Widrigkeiten zu wappnen. Dazu trinkt man sich im Kreise von Familie oder Freunden Kraft und Gesundheit – die ‚Stärk‘ – an. Gefeiert wird mancherorts zu Hause, mancherorts in Gaststätten. Viele Brauereien unterstützen den Brauch mit einem speziellen Starkbier, das für das ‚Stärk’ antrinken‘ besonders geeignet sein soll.

Einmal soll eine alte Frau mit einem ihrer Enkelkinder über einen einsamen Weg zum Markt gelaufen sein. Als sie auf dem Rückweg durch einen Wald gingen, da kamen zwei unheimliche Gesellen hinter ihnen drein. Die Großmutter und das Kind ängstigten sich und deswegen wollten sie die beiden Männer an sich vorbeiziehen und vorausgehen lassen. Sie setzten sich auf einen Stein am Wegesrand und warteten. Aber die beiden Gestalten wichen nicht. Plötzlich hörten sie eine wunderbare Musik in der Luft und das Muetesheer zog über sie hinweg. Als die beiden Burschen das hörten, liefen sie voll Angst den Berg hinunter, zurück in die Stadt. Die Großmutter und ihr Kind gingen dankbar und erleichterten Herzens nach Hause und kamen dort glücklich an.

Der Dreikönigswind ist der segensreichste, ihm werden um Mitternacht Türen und Fenster geöffnet damit er Glück ins Haus bringe.

Hier endet unser Bericht über die zwölf wilden Nächte. Morgen, am Dreikönigstag, dem ‚Öbersten‘ wie er gemeinhin genannt wurde, endet in den protestantischen Landesteilen Südwestdeutschlands die geheimnisvolle, legendenumwobene und mystische Zeit des Jahreswechsels. Es beginnen die ausgelassenen Fasnetstage – aber das ist eine andere Geschichte …

Beitragsbild: Gisela Pfohl, aus ‘Geister, Trolle, Totenköpfe’, Verlag Iris Förster

Zwölf wilde Nächte Vol. 1

Die Raunächte

Am 21. Dezember ist Wintersonnenwende, die längste Nacht des Jahreskreises. Es beginnen die sogenannten Raunächte, die vom 21. Dezember bis zum 6. Januar seit Alters her als eine Zeit der Geister und Seelen, des Aberglaubens und des traditionellen Brauchtums gelten. Diese Zeit des Wechsels war und ist eine Zeit des Kampfes des Tags mit der Nacht, des Lichts mit der Finsternis, des Guten mit dem Bösen. Die Sonne gewinnt, die Tage werden wieder länger und die Natur beginnt Kraft zu sammeln für den kommenden Frühling.

Die dunkle, kalte und unheimliche Zeit um die Wintersonnenwende hat die Menschheit schon immer beeindruckt und beschäftigt und wurde schon in vorchristlicher Zeit mit besonderen Ritualen begangen. Es war eines der wichtigsten germanischen Feste und wurde, wie die Tag- und Nachtgleiche im Frühling und Herbst und die Sommersonnenwende, mit großen Feuern gefeiert. Die heidnischen Tieropfer wurden in christlicher Zeit durch große Festessen abgelöst wurden – daran erinnert heute noch unser Weihnachtsgebäck. Christliche Missionare nutzten derartigen Aberglauben für ihre Zwecke und feierten die Geburt Christi als die auf die Erde gekommene Sonne. Vielerorts gelten die Raunächte als eine Spukzeit, überall erscheinen Geister und Seelen. Gegen die Gefahren, die von diesen dunklen Mächten drohten, musste man sich durch mannigfaltigen Aberglauben sichern.

So galt es, sich ruhig zu verhalten um die Aufmerksamkeit der Geisteswesen nicht auf sich zu ziehen, man musste Haus und Hof aufgeräumt und ordentlich halten, alles Ackergerät musste unter Dach sein. Man räucherte (Rauh=Rauch) die Wohnstätten, die Ställe und auch die Menschen mit Weihrauch und verschiedenen Kräutern aus. Der Rauch galt als Abwehrzauber für böse Geister, die Krankheit, Naturkatastrophen und Unglück im kommenden Jahr bringen konnten und gleichzeitig auch als Begrüßung  für freundlich gesonnen Geister- und Sagengestalten, deren Besuch man erwartete. Ställe und Häuser wurden außerdem mit Kreuzen versehen, um die bösen Gestalten fern zu halten. Nichts durfte verliehen werden, man musste sogar beim Stallausmisten vorsichtig sein, damit man „das Glück nicht außer Haus gibt“. Auch übermäßige Arbeit war verboten, man durfte nicht spinnen und auch keine Wäsche waschen, damit sich das Unglück nicht darin verfängt.

Wer in dieser Zeit eine Tür laut zuschlägt, wird im nächsten Sommer vom Blitz getroffen. 

Weiße Punkte, die in diesen Tagen an den Nägeln der rechten Hand auftauchen, bedeuten dass man im neuen Jahr Geld oder neue Kleider geschenkt bekommt. An den Nägeln der linken Hand aber bedeuten Sie, dass man im ausgehenden Jahre gelogen hat…

 

Raunächte – Geschichten zwischen den Jahren
Stadtführung zu Mythen, Geschichten und Aberglaube in den ‚Zwölften‘
Sonntag 27.12.2015 15:30 Uhr
Tickets über die TouristInfo Waiblingen

Beitragsbild: Gisela Pfohl, aus ‚Geister, Trolle, Totenköpfe‘, Verlag Iris Förster